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Dienstag, 12.02.2019

Schlagabtausch

Das Bakterium Klebsiella oxytoca kann eine schwere Darmerkrankung auslösen. ForscherInnen haben nun herausgefunden, welche Strategien das Bakterium dabei anwendet. Foto: shutterstock/Kateryna Kon.

Das Bakterium Klebsiella oxytoca kann eine schwere Darmerkrankung auslösen. ForscherInnen haben nun herausgefunden, welche Strategien das Bakterium dabei anwendet. Foto: shutterstock/Kateryna Kon.

BioTechMed-Graz: ForscherInnen weisen Kampfstrategie eines Bakteriums nach, das Darmentzündungen auslöst

Starke Bauchkrämpfe und blutiger Durchfall sind Anzeichen einer schweren Darmerkrankung, der so genannten Antibiotika-assoziierten hämorrhagischen Kolitis. Diese Krankheit kann in Zusammenhang mit einer Antibiotika-Therapie auftreten und wird vom Bakterium Klebsiella oxytoca ausgelöst. ForscherInnen der Universität Graz, der TU Graz und der Medizinischen Universität Graz zeigen in einer gemeinsamen Publikation des Forschungsverbundes BioTechMed-Graz, dass das Bakterium seine menschliche Behausung in doppelter Hinsicht schädigt. „Es produziert zwei verschiedene Substanzen: Eine davon zerstört die DNA der Wirtszellen, die andere behindert deren Zellteilungsprozess“, erklärt Erstautorin Katrin Unterhauser vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Universität Graz. Doch die Enzyme des menschlichen Darms sind wachsam und lösen ein komplexes Reparatursystem aus. Die Ergebnisse der Forschungen unterstreichen unter anderem auch die große Bedeutung einer gesunden Darmflora und wurden kürzlich in der renommierten amerikanischen Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht.


Perfekte Teamarbeit
Mit der Frage, wann die mikrobielle Vielfalt des Darms schädlich für unsere Gesundheit wird, beschäftigt sich die Arbeitsgruppe von Ellen Zechner (Universität Graz) in enger Zusammenarbeit mit Christoph Högenauer (Medizinische Universität Graz). Jetzt ist es ihnen erstmals gelungen in vivo, also im menschlichen Organismus, nachzuweisen, dass Klebsiella oxytoca zwei unterschiedliche toxische Substanzen namens Tilivallin und Tilimycin bildet. In nachfolgenden Versuchen haben die ForscherInnen gesehen, auf welche Weise diese den Zellzyklus ihres Wirts attackieren. Die beiden bakteriellen Stoffe leisten dabei perfekte Teamarbeit: Tilimycin greift die menschliche DNA gezielt an und kann Schäden am genetischen Material der Zellen verursachen. Tilivallin legt einen wichtigen Schritt im Zellteilungsprozess lahm, was Fehlbildungen nach sich zieht. Als Folge dieser „Zusammenarbeit“ kommt es zu einem Absterben der menschlichen Enterozyten, also jener Zellen der Darmschleimhaut, die unter anderem Stoffe aus der Nahrung oder Wasser aufnehmen.

Dass die ForscherInnen den Substanzen ihre Funktionen so präzise zuweisen konnten, ist eine außerordentliche wissenschaftliche Leistung, bekräftigt Ellen Zechner, denn: „Es ist eine enorme Herausforderung, die Vorgänge, die wir an Modellorganismen im Labor beobachten, im menschlichen Darm eins zu eins zu bestätigen.“ Zusätzlich haben die WissenschafterInnen die Antwort der menschlichen Zellen auf den Angriff erforscht: „Wir haben nachgewiesen, dass bestimmte Enzyme den geänderten Zustand der DNA erkennen. Diese Enzyme nehmen eine Art Prioritäten-Reihung vor: Nicht das, was am schwersten geschädigt ist, wird zuerst repariert, sondern was am häufigsten gebraucht wird“, erklärt Katrin Unterhauser. Die wirksamste Therapie gegen diese Form der Kolitis ist das Absetzen des eingenommenen Antibiotikums. Ist die natürliche Darmvielfalt wieder intakt, wird Klebsiella oxytoca zurückgedrängt und es kommt zu einer Ausheilung des Krankheitsbildes.


Publikation: Katrin Unterhauser, Lisa Pöltl, Georg Schneditz, Sabine Kienesberger, Ronald A. Glabonjat, Maksym Kitsera, Jakob Pletz, Fernando Josa-Prado, Elisabeth Dornisch, Christian Lembacher-Fadum, Sandro Roier, Gregor Gorkiewicz, Daniel Lucena, Isabel Barasoain, Wolfgang Kroutil, Marc Wiedner, Joanna I. Loizou, Rolf Breinbauer, José Fernando Díaz, Stefan Schild, Christoph Högenauer and Ellen L. Zechner, „Klebsiella oxytoca enterotoxins tilimycin and tilivalline have distinct host DNA damaging and microtubule stabilizing activities.“

Die Publikation online zum Lesen unter doi/10.1073/pnas.1819154116

 

Erstellt von Gerhild Leljak

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