Für moderne Anwendungen in der Nanotechnologie müssen Biomaterialien sehr stabil sein. Natürlich vorkommende Proteine sind allerdings oft fragil und daher nicht verwendbar. Gustav Oberdorfer, Biochemiker und Absolvent des Doktoratskollegs "Molecular Enzymology" der Uni Graz, hat in den USA eine Methode entwickelt, mit der sich außergewöhnlich stabile Proteine herstellen lassen. Für seine im renommierten Fachmagazin „Science“ veröffentlichte Arbeit über helikale Bündelstrukturen erhielt Oberdorfer Anfang November 2015 den ASCINA-Award in der Kategorie „Young Scientist“ des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW).
„Die fundamentale Frage im Forschungsfeld des Protein Designs ist, ob wir Proteine und deren Eigenschaften so gut verstehen, dass wir sie quasi am Reißbrett entwerfen, im Computer berechnen und dann experimentell herstellen und testen können“, erzählt Oberdorfer. Besonderes Augenmerk legte der Forscher auf eine bestimmte Klasse von Proteinen, die so genannten helikalen Bündel.
Dazu hat er mit seinem Team Gleichungen, die erstmals im Jahr 1953 von Nobelpreisträger Francis Crick formuliert wurden, mit modernsten Computersimulationen von Proteinen kombiniert. „Durch diese Herangehensweise konnten wir Proteine von enormer Stabilität und beliebiger Größe herstellen“, freut sich Oberdorfer. Diese neuen "Designerstücke" bleiben sogar bei Temperaturen über 95 Grad und unter extrem degradierenden Bedingungen stabil und sind daher ideale Kandidaten für die Weiterentwicklung von Biomaterialen. Auch wäre es denkbar, Bindestellen in diese Proteine einzubauen um sie dann als analog zu Antikörpern zu verwenden. „Dieses Resultat ist auch ein hervorragendes Beispiel dafür, wie erfolgreich die Kombination von relativ alten Entdeckungen mit neuen Technologien sein kann", unterstreicht der Biochemiker.
Oberdorfer arbeitet seit 2012 an der University of Washington in Seattle. Nach seinem Studium der Molekularbiologie an der Karl-Franzens-Universität Graz absolvierte er hier das Doktoratskolleg „Molecular Enzymology“, das er als „außerordentlich hilfreich in jederlei Hinsicht“ beschreibt: „Schon während meiner Zeit als PhD-Student konnte ich dadurch einen Auslandsaufenthalt absolvieren und Konferenzen und Kurse besuchen. Diese haben es mir wiederum ermöglicht, neue Techniken und Denkweisen kennen zu lernen – etwas, das ich persönlich in der Grundlagenforschung im 21. Jahrhundert für unabdingbar halte.“ Auch wenn er selbst noch am Anfang einer wissenschaftlichen Laufbahn steht, weiß Oberdorfer, worauf junge WissenschafterInnen achten sollten: „Ganz wichtig ist, schon während des Studiums im Labor mit zu arbeiten. Auch ins Ausland zu gehen sehe ich als ganz wichtigen Schritt. Und: Man sollte sich genau überlegen, ob man sich der sehr, sehr kompetitiven Kultur im akademischen Bereich aussetzen möchte.“
Ebenfalls mit dem ASCINA-Award in derselben Kategorie wurde eine weitere Absolventin der Uni Graz ausgezeichnet: Anna C. Obenauf, seit 2010 Postdoctoral Research Associate am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York, studierte Molekularbiologie an der Karl-Franzens-Universität und promovierte 2010 an der Medizinischen Universität Graz. Ihre im Fachmagazin „Nature“ veröffentlichte und nun mit dem ASCINA-Award ausgezeichnete Forschungsarbeit über Krebsentstehung und -entwicklung könnte zu neuen Behandlungsmethoden führen.
Zu den ASCINA-Awards:
Die vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) mit einem Preisgeld von 10.000 Euro bzw. zwei Mal 7.500 Euro dotierten ASCINA-Preise werden vom Netzwerk „Austrian Scientists and Scholars in North America“ ausgeschrieben und vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF begutachtet. Ziel des ASCINA Award ist es, eine wissenschaftliche Brücke zwischen Österreich und Nordamerika zu bilden und die ausgezeichneten Forschungsleistungen junger ForscherInnen wertschätzend anzuerkennen“, beschreibt Barbara Weitgruber, Leiterin der Sektion für Wissenschaftliche Forschung und internationale Angelegenheiten im BMWFW die Relevanz von ASCINA. „Durch ihre Leistungen sind unsere SpitzenforscherInnen im Ausland auch BotschafterInnen für den Wissensstandort Österreich", betont auch Wissenschafts- und Forschungsminister Reinhold Mitterlehner.